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Digitalisierung: Werteorientierung braucht europäische Vision

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[vc_row][vc_column][vc_column_text]Digitalisierung braucht Werte? Ja klar, aber welche? Und: Technologie gibt es nicht wertneutral. Dieses Spannungsfeld bot den Hintergrund für die Auftaktveranstaltung der Stuttgarter Unternehmensgespräche am 15. Januar 2019 im Coworking Space Wizemann.Space. Markus Besch (Wizemann.Space) und Dr. Katharina Reuter (UnternehmensGrün) begrüßten die rund 70 Teilnehmenden. In einem ersten Input unterstrich Katharina Reuter die vielen positiven Effekte der Digitalisierung, wie etwa die radikale Vernetzung, die Kollaboration und Co-Kreation möglich mache, Technologien, die smarte Mobilität unterstützen (RidePooling, Sharing) oder Reparaturmodelle fördern (open source). Aber Digitalisierungsprozesse seien auch mit einem hohen Energieverbrauch verbunden (z.B. für Softwareentwicklung, Blockchain). Diese schaffe eine materielle Nicht-Nachhaltigkeit, die so täte, als gäbe es keinen ökologischen Rucksack (André Reichel). Kritisch seien auch sozialen Auswirkungen (z.B. Veränderung der Arbeit wie Clickworking) und ganz massiv Fragen des Datenschutzes und des möglichen Machtmissbrauchs. Anschließend schlug Constantin Wizemann (Geschäftsführer des Wizemann.Space) den Bogen zur Werteorientierung, die bei der Entwicklung des Wizemann Areals zentral war und ist. Keynote Prof. André Reichel In seiner Keynote stieg Prof. Dr. André Reichel (ISM Stuttgart) gleich mit der Frage, welcher Wertekanon weltweit anerkannt wäre, in das Thema ein. Demokratie oder rein marktgesteuerter Kapitalismus seien es nicht. Anders sähe es beim Thema Nachhaltigkeit aus (gegossen in Form der Sustainable Development Goals, SDGs). Durch diese seien wir global sprachfähig. Klar sei auch, dass Digitalisierung, wie jede andere technische Errungenschaft auch, nicht wertneutral ist. So träte durch den Netzwerk-Effekt ein machtzentrierter Kapitalismus zu Tage, ein oligarchischer Kapitalismus. Gleichzeitig würde sich, wie bspw. in China mit seinem Sozialkredit-System, ein digitaler Totalitarismus herausbilden, der auf die vollständige Erfassung des sozialen Verhaltens im öffentlichen Raum abziele. Anreize trotz besseren Wissens bei tendenziell überwachenden Systemen mitzumachen, seien laut Reichel häufig sozialer Natur: Wir ließen uns als Gastgeber_innen oder Verkäufer_innen beurteilen oder teilten Familienfotos, um „Reputationskapital“ zu erlangen und an gesellschaftlichen Entwicklungen teilzuhaben. Dafür verspräche uns die Digitalisierung, durch ihren radikalen Utilitarismus das größte Glück für möglichst Viele hervorzubringen. Die Frage, die wir uns stellen müssten, sei daher: Welchen Werten wollen wir folgen und welche müssten wir als Zivilgesellschaft kritischer hinterfragen? Praxischeck: Start-ups Philipp Zajac vom Reutlinger Startup Rehago ermöglicht mit seinem Produkt Schlaganfallpatient_innen ein unabhängiges, günstiges und motivierendes Training. Da die Brille, die zentral für das Virtual Reality gestützte Training ist, über 300 € koste und die Zielgruppe oft kein Geld habe, sucht das Tech-Startup immer neue Wege, mit dem Produkt einerseits Geld zu verdienen und es andererseits allen zugänglich zu machen. Mit Social BEE aus Stuttgart war ein zweites Social-Entrepreneur-Startup auf der Bühne, das es sich zum Ziel gesetzt hat, die Integration Geflüchteter in Unternehmen deutlich zu erleichtern und geflüchtete Menschen für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Marcel Schmohl erläuterte die Herausforderungen, denen Arbeitgeber_innen begegnen und die mit Hilfe der eigenen Plattform gelöst werden könnten. Hinter LASERHUB, einem Tech-Startup aus Stuttgart, stecke ein junges Team Softwareentwickler_innen und Digitalisierungsprofis, deren Ziel es sei, die Vorteile der Digitalisierung auch für Blechbearbeiter und deren Kund_innen nutzbar zu machen, so Geschäftsführer Adrian Raidt. Vor zwei Jahren in Stuttgart gegründet, ist das Unternehmen binnen kurzer Zeit deutlich gewachsen, hat erste Investoren für sich gewinnen können und setze auf einen erfolgreichen Expansionskurs. Auf der anschließenden Podiumsdiskussion plädierte Raidt für „echte europäische Champions der Digitalisierung“, um mit Amerika und China auf Augenhöhe agieren zu können. Deutschland und Europa hinkten im Bereich Tech-Titanen deutlich hinterher. Das ist nicht nur aus marktwirtschaftlicher Sicht ungünstig. Auch die hohen europäischen sozialen oder ethischen Standards wie bspw. Datenschutz ließen sich leichter implementieren oder halten, würden die entsprechenden Anwendungen oder Plattformen aus Ländern der europäischen Union stammen. Auch das Publikum diskutierte engagiert mit, eine der Fragen war: „Bräuchte es nicht eine europäische Vision, wo wir mit der Digitalisierung hinwollen, damit eine Werteorientierung besser gelingt?“ Auch der zentrale Stellenwert der (digitalen) Bildung wurde mehrfach angesprochen. Zum Schluss der Debatte wurde deutlich, dass eine stärkere Wertorientierung für Digitalisierungsprozesse wichtig ist. Dafür braucht es auch eine stärkere Kontextsteuerung durch einen normativen Rahmen, wie von Prof. Reichel angesprochen. Wie auch Lange und Santarius in ihrem Buch „Smarte grüne Welt“ kam die Runde zu dem Schluss, dass die Digitalisierung keine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen von sich aus lösen würde, sondern dass dazu eine viel stärkere Gestaltung von Seiten der Politik notwendig sei. Die entsprechende Regulationskompetenz wurde einhellig bei der EU verortet, aber auch Kartell- und Wettbewerbsrecht müssen angepasst werden. Dies betrifft nicht nur die ‚klassischen‘ Themen wie Energie- und Ressourcenverbrauch, sondern auch soziale Fragen wie neue Formen der Arbeit oder veränderte Kommunikationstechniken. Als gemeinsamer Wertekodex böten sich dabei die SDGs an, da im 21. Jahrhundert ohne nachhaltige Ökonomie keine digitale Ökonomie denkbar sei (André Reichel). Wir bedanken uns beim Wizemann Space, Stefan Jetter, Luchterhand Catering und Wino Biolandbau für die Unterstützung. Weitere Links zum Thema Stuttgarter Unternehmensgespräche: Gemeinsam mit dem WIZEMANN Space veranstaltet UnternehmensGrün die Reihe „Stuttgarter Unternehmensgespräche“. Der Bundesverband der ökologisch orientierten Wirtschaft und das WIZEMANN Space schaffen mit dieser Reihe ein Format, das in der Region Stuttgart den Austausch rund um nachhaltiges Wirtschaften intensiviert. Die Stuttgarter Unternehmensgespräche sind der Ort für engagierte Unternehmer_innen und Gründer_innen, die eine innovative und nachhaltige Wirtschaft voranbringen. Nächste Termine Stuttgarter Unternehmensgespräche
  • 4.2019, Food
  • 7.2019, Inclusion
  • 10.2019, Climate
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